Malik und seine Angst vor Kokospalmen - Über die Kompetenzen und Widersprüche von Ängsten

Zurück aus dem Urlaub

Zurück von der sonnigen Gewürzinsel Sansibar hab ich den Kopf voller Eindrücke und Ideen und freue mich auf ein furioses viertes Quartal 2023! Meinen Start in dieses Quartal möchte ich mit einer kleinen Urlaubsgeschichte begehen, weil sie mich auf sehr realitätsnahe Art an ein Thema erinnert hat, das mich schon lange umtreibt.

Während unseres Urlaubs haben wir unter anderem eine Gewürzfarm besucht. Ein Muss, wenn man genau da ist, wo der Pfeffer wächst! Auf der Farm wurden wir von Malik begrüßt. Vielleicht 18 Jahre alt erklärte er uns er sei unser Guide und würde uns ein bisschen was über die Farm und die Gewürze erzählen. So zogen wir durch die Felder und Malik erklärte unter anderem schelmisch grinsend, dass Muskat besonders bei Frauen beliebt sei, weil sie dann beim Tanzen weniger schüchtern seien. Vor großen Festen würden Frauen und Mädchen stets eine Extraportion Muskat zu sich nehmen. Männer hingegen würde eher Ingwer konsumieren. Mein Mann war kurz verwirrt. Von der enthemmenden Wirkung von Ingwer habe er noch nichts gehört. Maliks schelmisches Grinsen wurde immer breiter und als ich mutmaßte, dass es nicht um Enthemmung, sondern um Potenzsteigerung ginge, lachte Malik meinen Mann übers ganze Gesicht an. Er erklärte, dass wenn wir auf Sansibar Männer sehen, die im Teehaus darüber diskutieren, sich eine weitere Frau zuzulegen, hätten sie diesen Mut sicher dem Ingwertee zu verdanken. Wir lernten, dass Dank des osmanischen Erbes in Sansibar bis zu vier Frauen legal sind. So zogen wir durch die Felder von Nelken, Zitronengras, Sternanis, Kurkuma, Ingwer, Pfeffer, Zimt, Vanille, Curryblätter. Wir bewunderten riesige Jack-Fruit-Bäume und naschten Sternfrucht direkt vom Baum. Irgendwann standen wir am Rand eines tiefen Tals. “I call it the Thailand view,” erklärte Malik. “Because of all of these big coconut palmtrees!” Und ja, das Tal war über und über bewachsen mit riesigen Kokospalmen! Ganz plötzlich wurde der fröhliche Malik sehr ernst. Er erklärte, dass das alles aus der Ferne zwar sehr schön aussehe, allerdings sehr gefährlich sei. Er würde dort nicht hingehen. Kokospalmen seien sehr gefährlich. Viele Menschen würde von herabfallenden Kokosnüssen getötet, auch in Sansibar! -Und ich lustiger Touri lag am Tag davor fröhlich unter einer Palme und habe die Kokosnüsse über mir bewundert! Malik würde mich für lebensmüde erklären! Der fröhlich junge Mann hatte tatsächlich spürbar Angst davor von einer Kokosnuss erschlagen zu werden. - Eine Form des Ablebens mit der ich mich noch nie auseinandergesetzt habe, die Malik aber real ängstigte!

Ängste - Kompetenzen und Widerspruch

Maliks spürbare Angst vor Kokospalmen (und meine diesbezügliche Indifferenz) machte mich neugierig. Ich musste an Gunther Schmidts Vortrag zum Thema Ängste im März in Kassel denken und daran, dass die Entwicklung von Ängsten eine wichtig Kompetenz unseres Organismus ist. So sind diese kompetenten Ängste immer auch kontextspezifisch. Klar sind Todesfälle durch herabfallende Kokosnüsse nicht Teil meines Erfahrungsschatzes und haben mich am Strand gerade zu naiv und nachlässig gemacht. Nicht meine Welt! Maliks schon. Und so hatte Malik wiederum keine Angst vor Weißen Haien obwohl er am Meer wohnt. Nicht seine Welt. In Sansibar gibt es sie nicht. Warum sollte er sich davor fürchten? Interessanterweise musste ich in diesem Moment an einen Bär von Mann denken, den ich für ausgesprochen mutig halte. Er wohnt an der Ostsee und fürchtet sich heftig vor Weißen Haien. Ihn gruselt es bereits, wenn er nur entsprechende Bilder sieht. Verrückt! Gibt es doch auch in der Ostsee keine großen Weißen!

Überhaupt gibt es unglaublich viele Manschen, die sich vor Weißen Haien fürchten, obwohl diese unglaublich weit entfernt von ihrer Realitäten sind. Schon verrückt, was eine Filmreihe aus Hollywood anrichten kann. Gleichzeitig ist das jedoch eine spannende Bestätigung dafür, dass unsere Ängste eng mit unserer inneren Bilderwelt verknüpft sind. Hierbei ist es unserer Gefühlswelt ein Stück weit egal, ob diese Bilder reale Erfahrung abbilden oder auf andere Weise erzeugt wurden. Als Kind hatte ich Angst vor Wölfen, obwohl es damals keinen einzigen Wolf in Deutschland gab. Die Erzählungen meiner Oma von Rotkäppchen haben gesessen. Mein kindliches Gehirn hielt die erzeugten Bilder für real.

Manchmal verknüpft unser Gehirn sogar Bilder mit traumatischen Angsterfahrungen, die damit gar nicht zusammenpassen und lassen geradezu aberwitzige sogenannte Angststörungen oder Phobien entstehen. So kenne ich zum Beispiel einen jungen Mann, Mitte zwanzig und fast zwei Meter groß, der panische Angst vor Schnecken hat. Aber nur vor denen mit Häuschen. Nacktschnecken sind für ihn kein Thema. In diesem Fall ist nicht davon auszugehen, dass ein Hollywoodfilm diese Angst hervorgerufen hat. Jedenfalls kenne ich “Die Rückkehr der Killerschnecken” nicht. Auch kenne ich keine Märchen von fiesen Schnecken, die Großmütter fressen und ich bin mir sicher, dass der junge Mann niemals von einer Weinbergschnecke mit dem Leben bedroht wurde… Auch ist ihm diese Angst nicht angeboren. Als Kind hat er gemeinsam mit seiner Schwester Schnecken gesammelt. Jedoch ist zwischen diesem verregneten Sommertag, an dem er fröhlich Schnecken gesammelt hat und der ersten Situation, in der er diese große Angst zum ersten Mal gespürt hat, etwas für ihn Schlimmes oder Traumatisierendes passiert, das sein Gehirn mit dem Bild der Schnecke verknüpft hat. Seitdem ruft der Anblick von Schnecken mit Häuschen bei ihm eben die Gefühle hervor, die diese ihm bisher unbekannte Situation hervorgerufen hat.

Arbeit mit Ängsten

Als Coach finde ich es sehr spannend, mit Ängsten zu arbeiten, weil sie so vielfältig, so wichtig und gleichzeitig auch so widersprüchlich sind. Egal woher die Ängste rühren nutze ich in der Arbeit mit Ängsten die inneren Bilder, die sie erzeugen. Hierbei ist es oft schon entlastend, diese inneren Bilder zu verändern, oder sie neu im inneren Raum der Gefühle anzuordnen. Manchmal ist es hilfreich dem einen inneren Bild ein neues entgegenzusetzen. Wie gesagt, unser Gehirn unterscheidet nicht zwischen Bilder, die durch eine real erlebte Situation entstanden sind und solchen, die wir zum Beispiel in einer hypnosystemischen Coaching-Sitzung oder mittels NLP entwickeln oder erzeugen. Von dieser großen Macht der inneren Bilder bin ich noch immer jedes Mal aufs Neue verzaubert. -Aber auch davon, erfahren zu dürfen was hintern den Ängsten meiner Klienten steckt. Die menschliche Persönlichkeit ist so komplex, vielfältig und bunt und es ist vielleicht das größte Privileg meines Berufs, nicht nur meine eigene innere Kunstaustellung besuchen zu dürfen, sondern auch einen geführten Einblick in die innere Bilderwelt anderer Manschen zu erlangen. Ängste sind hierbei ganz wunderbare Türöffner, weil sie unserer Persönlichkeit Tiefe verleihen.

Ängste und Business Coaching

Unter uns Coaches kommt regelmäßig die Frage auf wie weit wir uns in die Tiefen unserer Klienten wagen dürfen. Was ist noch Coaching und was ist schon Therapie? Hier hat jeder Coach seine eigenen Grenzen, die seinem Wohlfühlkorridor, aber auch seiner Ausbildung entsprechen. Durch meine recht ausführlichen Ausbildungen in NLP und der hypnosystemischen Arbeit fasse ich diese Grenze wahrscheinlich recht weit. Zu Anfang meiner Arbeit als Coach konnte ich mir nicht vorstellen, wie regelmäßig ich auch im Business-Kontext mit Angsthematiken konfrontiert werde. Es beginnt mit Versagensängsten die manchmal bis hin zum Existenzängsten gehen, es geht weiter mit Bühnenangst, der Angst vor Veränderungen, Flugangst, die für jemanden, der beruflich viel reisen muss ein echtes Thema ist und kann bis hin zu plötzlich auftretenden Angstattacken eines Berufspendlers beim Autofahren führen. Die Palette ist breit gefächert und natürlich könnte ich auch bei all diesen Ängsten zunächst mit klassischen Stressmanagement oder einer neuen Einordnung der Ängste mittels systemischer Fragen beginnen. Allerdings habe ich festgestellt, dass das eher eine Arbeit am Symptom ist. Die Arbeit mit inneren Bilderwelten, mal in einer leichten Trance, mal “bei vollem Bewusstsein” ist die Arbeit an der Ursache und ist somit meistens nachhaltiger und führt aus meiner Erfahrung häufig auch schneller zum Erfolg.

Lewis Carrolls “Alice im Wunderland” ist bis heute eines meiner liebsten Bücher. Hier sagt der König irgendwann zu seiner Königin: “Den Schreck dieses Augenblick werde ich nie vergessen.” Darauf erwidert die Königin: “Du wirst ihn vergessen. Es sei denn du baust ihm ein Denkmal.” Viele unserer Ängste sind für mich Denkmäler die unser Unterbewusstes aus Erfahrungen heraus errichtet hat, zum Schutz und zur Warnung. Allerdings gilt es an der ein oder anderen Stelle diese Denkmäler neu einzuordnen, oder ein wenig umzubauen. Maliks Angst vor Kokospalmen ist absolut sinnvoll. Auch eine gewisse Vorsicht beim Autofahren oder ein gewisser Respekt im Flugzeug machen Sinn. Das bedeutet jedoch nicht, dass Panikattacken sinnvoll sind und es sollte auch niemand, der aus seiner Position heraus regelmäßig auf die Bühne muss, so sehr darunter leiden, dass sich körperliche Symptome einstellen. Auch Ängste oder sogenannte Phobien vor Schnecken, Clowns, Löchern, vor dem Erbrechen und vor allem, was man sich nur vorstellen kann, haben Ursachen und inneren Denkmäler an denen wir mittels realer und auch konstruierter Bilder und Sinneseindrücke arbeiten können. Denn was selbst den sonderbarsten Ängsten gemein ist, ist dass sie für die Menschen, die sie empfinden absolut real und mit einem Leidensdruck verbunden sind.

Ich habe übrigens sehr große Angst vor Schlangen, sehr große und irrationale Angst vor Schlangen! Für mich ist diese Angst jedoch absolut rational und begründet, auch wenn es hier keine wirklich gefährlichen Schlangen gibt. Allerdings schränkt mich diese Angst im Alltag nicht wirklich ein, weshalb ich mir dieses innere Angstdenkmal weiterhin als Teil meiner inneren Kunstaustellung gönnen. Sollte ich mich entscheiden nach Texas, Afrika oder Australien auszuwandern, sollte ich wahrscheinlich nochmal darüber nachdenken, diese Angst neu einzuordnen und mein inneres Denkmal ein wenig umzubauen. Dafür würde ich mir ganz sicher Unterstützung bei einem NLP-Coach suchen!

Habt einen wunderschönen Sonntag. Ich bin heute in Mainz, wo ich eine dreitägige Weiterbildung beim großen Richard Bandler genießen darf. -Einem der Erfinder des NLP! Ich lerne also direkt von großen Meister. Gestern war war auch an dieser Stelle das Thema Ängste oder Phobien Teil der Agenda. Richard erzählte, dass er in seinen Grundkurse stets am Anfang erzähle, dass sie ganz am Ende mit Phobien arbeiten würden und er dafür Spinnen, Schlangen, Clowns, Kakerlaken und alles wovor sich Menschen sonst noch so fürchteten, mitbringen würde. In diesem Moment würde stets ein Gruppe Menschen panisch den Raum verlassen, obwohl es noch einiges an Zeit dauern würde, bis die Ausbildung zu Ende sei. Das zeige ihm, dass nicht die Spinne selbst das Problem sei, sondern das Image, das innere Bild, dass diese Menschen von Spinnen haben, Deshalb gehe es nicht darum, Menschen Spinnen näher zu bringen, sondern an deren inneren Bild der Spinne zu arbeiten.

Eure Constance

Sicher unterm jackfriut-Baum

Über die Kompetenzen und Widersprüche unserer Ängste

Wer ein Gehirn hat, hat Vorurteile! -Punkt!

Klischees über Klischees

Frauen können nicht einparken, Männern geht es immer nur um Sex, Benz-Fahrer haben die eingebaute Vorfahrt, Naturwissenschaftler sind auf der zwischenmenschlichen Ebene unbeholfen, Mädchen sind nicht gut in Physik und Jungs sind nicht gut in Sprachen, schlanke Frauen sind zickig und dicke lustig… Ich könnte sie beliebig fortsetzen, diese Liste von Vorurteilen. Ich bin übrigens Stewardess, oder wenigstens war ich das über einen ziemlich langen Zeitraum meines Lebens. Was sagt das über mich aus? Wahrscheinlich nichts, außer, dass ich offensichtlich gerne reise und mich unter Menschen wohl fühle. Dennoch spielt Schubladendenken eine große Rolle in unserem Leben. In der Business-Welt nennt man diese Schubladen inzwischen Unconscious Bias, die unbewusste Voreingenommenheit, die maßgeblich darüber entscheidet, wie wir unser berufliches Umfeld wahrnehmen, wen wir sympathisch finden und unterstützen und wem wir misstrauen. Basierend auf unserer unbewussten Voreingenommenheit treffen wir Entscheidungen, manchmal sogar richtungsweisende Entscheidungen. In Bewerbungsgesprächen beeinflussen sie uns ebenso wie in Meetings oder Beurteilungssituationen. Ist das Fair? Nein! Kann das für eine Unternehmen in der Gesamtbetrachtung von Nachteil sein? Ja! Sollten Organisationen sich mit diesem wichtigen Thema auseinandersetzen? Auf jeden Fall! - Aber wie? Vielleicht, indem sie die Existenz dieser Voreingenommenheit zunächst einmal uneingeschränkt akzeptieren und auch verstehen, dass diese Form der Voreingenommenheit keineswegs unprofessionell ist und auch nicht weggezaubert werden kann. Hierfür ist es sicher hilfreich zu verstehen, woher dieses Schubladendenken kommt.

Vorurteile als Überlebensstrategie

Um zu verstehen, warum Menschen gerne und vor allem auch unbewusst in Schubladen denken, ist es hilfreich ein paar Jahre zurück in die Steinzeit zu reisen. Hier waren diese Vorurteile eine wichtige Überlebensstrategie. Denn wenn der Steinzeitmensch einem Säbelzahntiger begegnete, überprüfte er für gewöhnlich nicht, ob es sich bei diesen speziellen Säbelzahntiger vielleicht um ein ausgesprochen freundliches Exemplar seiner Gattung handelte. Beim Anblick der Rund 20 Zentimeter langen Säbelzähne war unser Steinzeitmensch gut beraten nicht lange nachzudenken und die Flucht zu ergreifen.

Ich gehe davon aus, dass die Steinzeitmenschen, die vorher noch überprüfen wollten, oder dieser Säbelzahntiger nicht doch vielleicht nett ist, weil sie es unfair fanden, alle Säbelzahntiger in eine Schublade zu stecken, gefressen wurden und so ihre von differenzierter Betrachtung geprägte Gene nicht weitergeben konnten.

Im Umgang mit Angehörigen fremder oder feindlicher Stämme griff dieser Mechanismus übrigens auch.

Das heißt also ursprünglich waren Vorurteile überlebenswichtig. Klar hängt unser Überleben heute nicht mehr von der Flucht vor Raubkatzen ab (also zumindest im Regelfall). Nichtsdestotrotz hat unser Gehirn sich über Jahrmillionen das Schubladendenken als Erfolgsstrategie abgespeichert und auch der beste Business Trainer wird das unseren Gehirnen nicht abtrainieren.

Guter Rat ist teuer! -Selbstreflexion ist jedoch kostenlos

Warum und wo überall in unserem Leben Vorurteile glasklare Nachteile mit sich bringen, weil sie unseren Horizont und unser Denken einschränken, muss ich sicher nicht noch einmal wiederholen. Vielmehr sollte uns die Frage umtreiben, wie wir damit umgehen sollen, dass wir ein Stück weit von Vorurteilen gesteuert werden. Der erste wichtige Schritt ist wie gesagt, sich selbst einzugestehen, dass auch wir nicht frei von Vorurteilen sind. Punkt! Wer ein normal funktionierendes Gehirn hat, hat Vorurteile! Habe ich das für mich verinnerlicht, kann ich mich im nächsten Schritt auf die Suche nach meinen eigenen Vorurteilen machen. Selbstreflexion braucht keinen Trainer und kostet kein Geld. Alles was wir dafür brauchen, ist die Einsicht, nicht alles was wir den lieben langen Tag so denken, auch uneingeschränkt zu glauben. Wer sich selbst mutig hinterfragt wird dabei ganz sicher auch Muster erkennen. Ich zum Beispiel habe ein Thema mit kleinen, zierlichen, mädchenhaften Frauen. Sie hatten bei mir sehr lange einen wirklich schweren Stand. Dieses Schubladenmuster habe ich dem Umstand zu verdanken, dass ich bereits mit drei Jahren einen Kopf größer war als alle anderen dreijährigen Mädchen im Kindergarten. Gab es Streit um ein Spielzeug musste ich mir immer anhören, dass ich doch vernünftig und nachgiebig sein solle, immerhin sei ich doch die Große! - Fuck! Ich war drei! Aber auf diese Weise hat mein kluges Gehirn gelernt, das kleine Mädchen immer das bekommen, was sie wollen und deshalb weniger durchsetzungsfähig und leistungsstrak sind wie große Frauen! Verrückt ist, dass die durchsetzungsfähigste, leistungsstärkste junge weibliche Führungskraft, die ich momentan begleiten darf, eine zauberhafte, mädchenhafte, kleine Frau ist! -Eine verflixte Urgewalt, die so viele in den Schatten stellt und so ausdauernd kämpfen kann.

Es hilft also, bewusst Gegenbeispiele für Vorurteile zu suchen. Dabei darf ich mir auch helfen lassen. Das ist noch einfacher als Selbstreflexion, wenn ich nur offen dafür bin. An dieser Stelle kommen kognitiv diverse Teams ins Spiel. Wie großartig, wenn ich Menschen um mich herum habe, die andere Denkmuster haben und mir vielfältige Angebote unterschiedlicher Perspektiven machen. Wie gesagt, ich muss einfach nur offen dafür sein. Denn Diversity ist so viel mehr als Menschen unterschiedlicher Herkunft willkommen zu heißen oder Menschen unterschiedlicher sexueller Orientierung oder Identität zu respektieren.

Und jetzt gehts in die Sommerpause!

Mit diesem wunderschönen Gedanken geht es für mich in eine kurze und späte Sommerpause. Die Ex-Stewardess fliegt natürlich weit, weit weg! Neue Kulturen kennenlernen, neue Welten entdecken und den eigenen Horizont erweitern. Ich freue mich auf eine Auszeit im wunderschönen Sansibar. Die kreative Pause wird mir gut tun, um mit neuen Ideen und vollen Akkus zurück zu kommen.

Den nächsten Blog gibt es am 08. Oktober. Bis dahin wünsche ich euch eine gute Zeit.

Eure Constance

Alle geleich und alle gut?

Mit Nichten! Wer ein Gehirn hat hat Vorurteile. -Oder warum sind Kicker-Figuren alle männlich?

Fail fast, fail forward? - Vorsicht vor der (positiven) Pauschalisierung von Fehlern!

Der Fehler zum Glück

“Fail fast, fail forward!” - Mit diesem Mantra bewegt sich die New Work-Bewegung nun schon seit Jahren durch die Business-Welt. Inzwischen scheint es weitverbreiteter Konsens, dass Fehler nicht nur OK sind, sondern den ultimativen Weg zum Erfolg unweigerlich flankieren. Hört man den guten alten Thomas Alva Edinson sagen “Ich bin nicht gescheitert. Ich habe 10.000 Wege gefunden, die nicht zum Ziel geführt haben.”, dann möchte man dem uneingeschränkt zustimmen, haben seine sogenannten Fehler und sein sogenanntes Scheitern doch zu legendärer Innovationskraft geführt. Aber ganz so einfach ist es eben doch nicht und dieses zauberhafte Fehler-Mantra ist aus diesem Grund auch nur eine Seite der Wahrheit. Und die andere Seite der Wahrheit kann wie so häufig ganz schön gefährlich oder kontraproduktiv sein!

Denn Fehler ist nicht gleich Fehler

Nicht alle Fehler sind gleich. Und nicht alle Fehler führen uns wie Edison mehr oder weniger direkt hin zur nächsten Innovation. Aus diesem Grund sind auch Unternehmen sehr gut beraten ihre Fehler möglichst genau zu analysieren, denn selbstverständlich waren es nicht die Wege, die nicht ans Ziel geführt haben, die Edisons Erfolg flankierten, sondern das, was Edison daraus gelernt hat. Fehler sind OK, aber feiern sollten wir die daraus resultierende Lernkurve, so es sie gibt!

Bei der Analyse von Fehlern unterscheide ich gerne in vier Kategorien:

Meine erste Kategorie ist der Flüchtigkeitsfehler, der häufig aus fehlender Fokussierung resultiert. Und nein, Flüchtigkeitsfehler sollte man nicht unbedingt feiern. Lernen kann man trotzdem aus ihnen. Denn kommt es in Teams, Organisationseinheiten, oder gar ganzen Organisationen zu einer Häufung von Flüchtigkeitsfehlern, ist es ratsam die Gesamtbelastung zu betrachten und zu schauen, auf welche Aufgaben man seinen Fokus legen möchte und welche Rahmenbedingungen es dafür zu schaffen gilt. Hierbei sollte klar priorisiert werden und natürlich muss eine rote Linie gezogen werden, die der realistisch möglichen Leistung entspricht. Kanban macht das ganz wunderbar mit den WIP-Limits, den Work-in-Progress-Limits, vor.

Meine zweite Kategorie sind die “Vogel-Strauß-Fehler”. Diese passieren häufig und sind so unglaublich menschlich. Wir legen alle Energie in eine Aufgabe oder in Projekte, die wir in absoluter Perfektion erledigen möchten, weil es uns ach so wichtig ist… Und dann geht es schief! Verdammt! Und jetzt? - Aufstehen, Krönchen richten und weiter im Text? Oder alternativ Kopf in den Sand wie dieser afrikanische Laufvogel. Auf jeden Fall nicht mehr drüber sprechen, war das Scheitern doch zu schmerzhaft. So schmerzhaft, dass man am liebsten nicht mehr darüber sprechen möchte, geschweige denn das Scheitern analysieren und daraus lernen. Menschlich absolut nachvollziehbar. Wäre das Edisons Ansatz gewesen, würde heute sicher niemand mehr seinen Namen nennen.

In einer Welt, in der wir den Fehler einfach nur feiern, kann aus “Fail fast, fail forward.” auch ganz schnell ein “Fail fast, move forward.” werden. Was fehlt ist die Lernkurve!

Die dritte Fehlergruppe ist die der Abwürgefehler (Stalling Mistakes in Englisch). Was bedeutets das? Es gibt Situationen, in denen Menschen sich so sehr auf den perfekten Prozess fokussieren, dass sie sich selbst abwürgen. Das heißt, sie erreichen nicht das erwünschte Ziel oder den gewünschten Outcome, sondern scheitern unterwegs. Man könnte auch sagen, sie bleiben liegen. Dieses Phänomen tritt häufig auf, wenn es Menschen entweder an Sicherheit, echtem Empowerment, oder Selbstbewusstsein mangelt, oder sie sehr perfektionistisch veranlagt sind. An dieser Stelle gilt es eine Kultur der Sicherheit zu schaffen, ggf. in Kombination mit kognitiv diversen Teams. Abgesehen davon ist die Lernkurve begrenzt, da man ja nicht abschließend sagen kann, ob der Weg der richtig war, oder wenn nicht, was man daraus für den nächsten Versuch lernen kann.

Kommen wir zur vierten Kategorie, der Königsdisziplin unter den Fehlern: Die sogenannten Entwicklungsfehler (oder Stretched Mistakes in Englisch). Diese vierte Gruppe sind die einzigen Fehler, die sich nicht vermeiden lassen und die auch nicht vermieden werden sollten. Entwicklungsfehler entstehen, wenn wir etwas Neues, Unbekanntes ausprobieren und ähnlich wie Edison nicht direkt den richtigen Lösungsweg einschlagen. In einer dynamischen, komplexen und mehrdeutigen Welt sind diese Fehler unvermeidbar, wenn wir versuchen uns weiterzuentwickeln. Naturwissenschaftliche Forschung basiert von Beginn an auf diesem “Trail and Error” -Prinzip. Und ja, hier wird sich auch über jede Möglichkeit, die man fortan ausschließen kann gefreut. Hierbei ist es wichtig zum einen zu analysieren an welcher Stelle genau man die falsche Abzweigung gewählt hat und was genau man daraus für den nächsten Versuch lernt und deshalb anders macht. Natürlich ist es in einer Organisation oder einem Team auch wichtig, diese Erkenntnisse zu teilen, damit nicht jeder einzelne diesen Fehler erst selbst machen muss, sondern sich direkt auf die nächste Möglichkeit fokussieren kann. So nähert man sich über das Ausschlussprinzip mit jedem Scheitern dem tatsächlichen Lösungsweg. Aus diesem Grund ist jeder dieser Fehler eine Party wert! Außerdem erfordern diese Fehler eine Menge Mut. Schritte ins Unbekannte zu wagen ist jedes Mal aufs Neue eine Herausforderung, die in einer Kultur der psychologischen Sicherheit leichter fallen als in einem Umfeld aus Druck und Angst. Nur wenn ich das Gefühl habe, dass es sicher ist, diese Fehler zu machen, werden ich den Schritt in die neue Richtung auch tatsächlich gehen. Und nur wenn ich spüre, dass mein Scheitern tatsächlich als Chance für den nächsten Schritt bewertet wird, werde ich mein Scheitern auch teilen und gebe so einem Team oder einer gesamten Organisation die Chance mit mir gemeinsam zu lernen. So entstehen im Idealfall ganze lernende Organisationen, die mit Sicherheit die einzig wirklich langfristig erfolgreiche Organisationsform in einer Zeit sein werden, die vor allem durch Dynamik, Komplexität und fehlender Eindeutigkeit geprägt ist.

Fehlerkultur beginnt bei mir

Natürlich taucht immer wieder die Frage auf, wie denn eine solche Kultur entsteht. An dieser Stelle sei mir der Verweis auf meinen letzten Artikel erlaubt. Denn Kultur ist nur in einem sehr geringen Anteil der Rahmen, den mir eine Organisation vorgibt. Kultur ist das, was Individuen (er-)leben. In meiner beruflichen Praxis sind mir schon mehr als einmal Organisationen oder Organisationseinheiten begegnet, die perfekte Rahmenbedingungen vorweisen konnte. Alles war da, um Themen offen anzusprechen, Fehler zu teilen, Feedback zu geben. Es ist aber einfach nicht passiert. Denn natürlich muss ich Menschen dabei unterstützen, sich diesen neuen Rahmen der New Work Strukturen auch zu erschließen. Tatsächliches Empowerment entsteht nicht, indem ich Menschen sagen, dass sie nun empowered sind. New Work needs Inner Work! Und der Prozess dieser inneren Arbeit dauert mindestens mehrere Monate, wenn nicht sogar mehrere Jahre. Aus diesem Grund sollten wir Transformationen nicht vorschnell als gescheitert erklären, sondern deren Menschen bewusst unterstützen. Denn auch eine offene Feedback- oder Fehlerkultur will gelernt und in Ruhe erprobt werden.

Zum Schluss noch ein Buchtipp

Ich kann natürlich noch nicht sagen was genau die von mir so verehrte Harvard-Professorin Amy C. Edmondson in ihrem neusten Buch “Right Kind of Wrong: The Science of Failing Well” beschreibt, da es erst am 5. September erscheinen wird. Aber wie auch schon mit der “Angstfreien Organisation” legt die Autorin den Finger an den Puls der Zeit. Fehlerkultur und in diesem Zusammenhang vor allem die daraus resultierende Lernkultur wird sicher eines der Topthemen der sehr nahen Zukunft sein.

Meine Ausgabe von Amys Buch ist bereits vorbestellt. Heute muss noch einmal eine andere Lektüre zum Kaffee am Sonntag herhalten. Letzte Woche bin ich in diesem Zusammenhang übrigens fatal an unserer Kaffeemaschine gescheitert. -Tasse unter den falschen Auslasser gestellt! Diagnose “Flüchtigkeitsfehler aus Übermüdung”! Wird mir diese Woche nicht nochmal passieren.

Eure Constance

Elektrisches licht sei auch nicht durch die stetige Verbesserung der Kerze entdeckt worden, sagte Oren Hariri.

Innovation braucht den Mut etwas substantiell Neues und Unbekanntes auszuprobieren. Dabei sind Fehler unvermeidbar und zeigen uns den richtigen Weg.