Unternehmenskultur

"Hast du was zu Leadership in High Performance Teams?"

Für Conny

“…Weil ich dachte, dass Krisenstäbe ja irgendwie auch High Performance Teams sind, aber auch agil sein müssen, weil eine Krise ja meist unsicheres Fahrwasser ist.” Liebe Conny, ich hoffe du verzeihst mir, dass ich diesen Beitrag ungefragt mir einem Zitat aus unserer Konversation von vor einer Woche einleite!

Ich habe in ziemlich vielen Aus- und Weiterbildung durchaus so einiges an wertvollem Wissen angehäuft, das meiner Weiterentwicklung definitiv zuträglich war und ist. Etwas, was für mich mindestens genauso wertvoll ist, ist mein Netzwerk, all die wundervollen, bunten und spannenden Menschen um mich herum, die mir immer wieder eine wertvolle neue Perspektive auf alles das bieten, mit dem ich mich beschäftige. Manchmal war es schlicht und ergreifend der Zufall, der mir mein Netzwerk beschert hat. In Connys Fall wurden wir quasi verkuppelt und das war ausgesprochen gut. Momentan darf Conny den aufkommenden Frühling im fernen Maastricht genießen, wo sie sich mit ihrer Doktorarbeit auseinandersetzt. Das Kernthema sind Krisenstäbe. Und ja, ich musste Conny rechtgeben, erfolgreiche Krisenstäbe sollten in der Tat agil arbeiten, oder wenigstens mit einem agilen Mindset zur Tat schreiten, da Krisen selbstverständlich immer von einer hohen Dynamik gepaart mit einer anständigen Portion Komplexität geprägt sind. Ohne ins Detail gehen zu wollen, ist die gegenwärtige Corona-Krise ein gutes Beispiel für Dynamik, Komplexität, Abhängigkeiten und Unberechenbarkeit. Die Ausgangssituation verändert sich ständig, schnelle Entscheidungen wollen getroffen, aber auch immer wieder überprüft und revidiert werden. Schon vor zwei Wochen habe ich mit einigen Agile Coach Kollegen darüber nachgedacht, ob denn die Krisenstäbe der Bundesregierung auch Kanban-Bords haben und wie diese wohl aussehen.

Führung und High Performance

Ich habe Conny schon vor einer Woche versprochen, mich sehr bald mit dem Thema Führung in High Performance Teams zu beschäftigen. In der letzten Woche hat dieses Thema in meiner neuen agilen Welt derart an Fahrt aufgenommen, dass es tatsächlich schon heute so weit ist.

Bevor ich das Thema in die Agilität einbette, beschäftige ich mich erst einmal damit, was Führung generell für High Performance Teams bedeutet, zumal Agilität für mich ein Weg ist, High Performance zu erzeugen. In meinen Betrachtungen zu High Performance Teams beziehe ich mich gerne und immer wieder auf die sogenannte H!PE-Formel, eine empirische Analyse von Hochleistungsteams der TU Chemnitz, durchgeführt von Prof. Dr. Pawlowsky und Dr. Steigenberger. Was mir an eben dieser Studie besonders gut gefällt, ist, dass man Teams aus ganz unterschiedlichen Bereichen herangezogen hat und so eine wirklich gute Bandbreite darstellen konnte und kann. Analysiert wurden Teams aus High Risk Bereichen wie Medizin, Luftfahrt, Luftrettung, Feuerwehr, aber auch weltbekannte Orchester und Teams aus der Gourmetküche, so wie Sportteams aus so unterschiedlichen Bereichen wie dem Segeln, der Formel 1 oder dem Profifußball, um nur einige zu nennen.

Was alle Teams in Hinblick auf Führung gemeinsam hatten, war, dass Führung klar vorhanden, benannt und erkennbar war. Die Art und Weise wie geführt wurde, war von Bereich zu Bereich unterschiedlich. In der Gourmetküche zum Beispiel wurde ein von transformativen Führungsansätzen geprägter Führungsstil wahrgenommen. Das heißt, der Führende führt indem er Vorbild und Mentor für seine Mitarbeiter ist und diese fachlich stetig weiterentwickelt. Im Gegenzug dazu akzeptieren die Mitarbeiter eine klar erkennbare Hierarchie. Der transformative Führungsstil tritt besonders häufig in Teams mit deutlichem Kompetenzgefälle auf und hat zum Ziel, jedes Teammitglied bestmöglich weiterzuentwickeln um die Team Performance so stetig zu verbessern.

Der transformativen Führung steht die transformationale Führung, wie sie zum Beispiel in der Luftrettung gelebt wird, gegenüber. Hier tritt Führung besonders in Einsatzsituationen in den Hintergrund. Führung übernimmt die Person, die für die jeweilige Situation die größten Kompetenzen mitbringt, unabhängig von der formalen Hierarchie. So wird Führung zu einer Art einem fluiden Konzept, das darauf basiert, dass zum einen jeder einzelne bereit ist, Verantwortung zu übernehmen, zum anderen gibt es hinsichtlich der Arbeitsabläuft klare Rahmen, Vorgaben und Prozesse, definierte Leitplanken innerhalb welcher sich die Akteure bewegen dürfen.

In besonders leistungsfähigen kleinen und mittelständigen Unternehmen wurden vor allem transaktionale Anteile in der Führung beobachtet. Das bedeutet, hier beruht Führung auf Geben und Nehmen. Im Sport wurde häufig über die Definition eines gemeinsamen Ziels geführt, dem alles, auch individuelle Begehrlichkeiten, untergeordnet wurde.

Und am Ende geht es doch wieder nur um das Gefühl von Sicherheit

Das wirklich Interessante an der H!PE-Formel ist, dass es nicht die eine Art von Führung ist, die zwangsläufig zu High Performance führt. Häufig handelt es sich sogar um Mischformen der unterschiedlichen Führungsansätze, die erfolgreich machen. Die Basis für High Performance ist eben kurzgesagt das Vorhandensein von Führung! Aber Vorsicht! Die H!PE-Formel wäre nicht die H!PE-Formel, wenn es im Prinzip egal wäre, was man macht. Es gibt einen weiteren Aspekt, der ausgesprochen viel mit Führung zu tun hat und der eine absolute Voraussetzung für High Performance Teams ist: Vertrauen! In allen untersuchten Teams, unabhängig ihrer jeweiligen Form von Führung, wurde festgestellt, dass jedes Teammitglied, unabhängig seiner strukturellen Position, jederzeit das Gefühl hatte, Probleme offen ansprechen zu können und auch dem Vorgesetzten jederzeit offen Feedback geben zu dürfen oder Verbesserungen anregen zu können und dabei erst genommen zu werden. Die Harvard Professorin Amy C. Edmondson nennt dieses Gefühl von Sicherheit Psychological Safety. -Für sie DIE Voraussetzung für High Performance. Tja, und ich bin an dieser Stelle immer wieder in so einem Huhn-Ei-Dilemma, in dem ich mich frage, was zuerst da war: die Führung, die das Team positiv beeinflusst und somit das Gefühl von Sicherheit hervorruft, oder das Gefühl dieser Sicherheit, die eine auf Vertrauen basierende Führung hervorruft? Sagt ihr es mir! Ich bin da ratlos, gebe aber Führungskräften gerne immer wieder den Rat, sich nicht nur dahingehend zu reflektieren, was für eine Art Führungskraft sie sind: kooperativ, hierarchisch, Laissez-faire, Servant… Ich ermutige Führungskräfte darüber hinaus auch immer wieder sich zu fragen, wie sicher sich ihre Teams fühlen, wie es um die Vertrauensbasis bestellt ist.

Und jetzt wird es auch noch agil

Wie schon erwähnt, sehe ich Agilität als eine großartige Möglichkeit um Hochleistung zu generieren. Warum? Weil agile Strukturen zu der Erkenntnis gelangt sind, dass nur der Mensch gemeinsam im Team in der Lage ist, die Dynamik und Komplexität unserer schönen neuen VUCA-Welt zu managen. Der Mensch ist hier die wertvollste Ressource, das Humanvermögen eines Unternehmens und es gilt bestmögliche Voraussetzung für die Mitarbeiter zu schaffen, ihr gesamtes Potenzial auch nutzen zu können. Hierbei sind Führungskräfte elementar wichtig. In agilen Strukturen stellt man sich deshalb den Servant Leader, die dienende Führungskraft vor. Im Kern ist die H!PE-Formel hier gar nicht so weit weg, kommt sie doch zu der Erkenntnis, dass Führung zum einen eine klare Zielausrichtung fördern soll, zum andern aber auch eine wirkungsvolle Unterstützung aller Teammitglieder liefern muss, also das Team fördern oder dem Team dienen soll. Das schließt auch mit ein, dem Mitarbeiter Raum zu geben, sich zu entfalten. Wenn Unternehmen schon horrende Summen in Fachpersonal investieren und diesen Leistungsträgern dann bis ins Detail sagen, was zu tun ist, beißt sich die Katze ja auch irgendwie in den Schwanz. Ergo: Führung muss Raum lassen und auf die Fähigkeiten ihrer Mitarbeiter vertrauen, was uns wieder zu Edmondsons Psychological Safety führt. Spannend wird hier jedoch die Frage, wieviel Raum man seinen Mitarbeitern lassen sollte. Der schwedische Agile Coach Henrik Kniberg beschreibt, dass man einen Weg zwischen “Alignment” und “Autonomy” finden muss. Das hört sich in der Theorie einfacher an, als es sich in der Praxis darstellt. Denn Servant Leadership ist nicht nur Servant, sondern auch Leadership und zu viel Autonomie hat das Potenzial, Strukturen und Organisationen komplett zu torpedieren und von innen auszuhöhlen. Denn streng genommen sind Sinn, Zweck und Wesen von (Wirtschafts-) Organisationen nicht wirklich auf Agilität ausgelegt. Deshalb gilt es hier einen guten Mittelweg zu finden. Dieser Mittelweg führt mich zurück zu den Herren aus Chemnitz und der Luftrettung: weil Führung hierbei im alltäglichen Tun in den Hintergrund gerät und der jeweilige Experte für die jeweilige Situation die Verantwortung übernimmt, in Führung zu gehen. Dabei fühlt er sich durch vorgegebene und klar definierte Leitplanken und Prozesse gesichert und das Gefühl tiefen Vertrauens sorgt dafür, dass jeder einzelne Mitarbeiter Verantwortung übernimmt und proaktiv agiert. Ich persönlich glaube ja, dass Agilität in der praktischen Umsetzung noch einen weiten Weg zu gehen hat, um das Thema Führung wirklich glatt zu ziehen. -Zumal ja auch immer wieder Manager vom alten Schlag plötzlich zum Servant Leader werden sollen. Das ist verdammt viel verlangt. Hier braucht es Geduld, Unterstützung und eine ganz scharfe Rollenklärung… Und am Ende müssen auch die Mitarbeiter verstehen, dass Agilität eben doch nicht Anarchie bedeutet und man bei all der Autonomie eben doch nicht machen darf, was man will. Aus meiner Sicht wäre das ohnehin das Ende jeder Weiterentwicklung! Denn wenn der Mensch machen darf, was er will, wird er eines sicher nicht tun: sich freiwillig raus aus der Komfortzone begeben!

Und was ist denn nun mit den Krisenstäben?

Tja, liebe Conny, was machen wir denn jetzt mit deinen Krisenstäben? Wie sollte man die führen, damit es am Ende gut wird? Wenn wir uns mal anschauen, wie Krisenstäbe besetzt sind, ist es ja so, dass es sich hierbei um eine Gruppe aus unterschiedlichen Experten handelt, die sich für gewöhnlich auf Augenhöhe begegnen. Deren Knowhow kann man nur nutzbar machen, wenn man ihnen den Rahmen gibt, sich voll einbringen zu dürfen. -Ähnlich wie bei den heterogenen Teams in der Luftrettung. Würdest du mich also jetzt fragen, würde ich wahrscheinlich sagen, dass transformationale Führung der Weg zum Erfolg ist. Aber wie setze ich im Rahmen von Krisenstäben die dafür benötigten Leitplanken? Vielleicht indem ich die potenziellen Mitglieder von Krisenstäben entsprechend vorbereite und im Rahmen von Workshops die Leitplanken im Soft Skill Bereich setze, damit sie verstehen, was passiert, wenn heterogene Teams zusammenkommen, wo die Gefahren liegen und wo die großen Chancen. Und was Krisenstäbe in jedem Fall brauchen, ist einen gemeinsamen analytischen Entscheidungsfindungsprozess, klar, transparent, standardisiert… Gemeinsame Prozesse eben! Ich bin auf jeden Fall auf deine Forschungsergebnisse gespannt und ich freue mich sehr auf den Tag, an dem wir beide mal ins Sparring gehen und überlegen, wie Workshops aussehen könnten, die potenzielle Mitglieder von Krisenstäben auf ihren Einsatz vorbereiten um in der Akutsituation als Team ganz schnell zu High Performern zu werden. Und euch verspreche ich, auf diesem Kanal darüber zu berichten, wenn es so weit ist. Aber bis dahin wird sicher noch etwas Zeit ins Land gehen.

Und was ist mit euch?

Wie nehmt ihr Führung denn wahr? -An euch oder in eurer Organisation? Führt ihr selbst? Wie macht ihr das? Wie viel Psychological Safety herrscht in eurem Team oder in eurer Abteilung? Woran macht ihr das fest? Und wie würdet ihr euch Führung wünschen, wenn es in eurer Hand läge? Das sind Fragen, die mich gerade täglich umtreiben! Was ist gut und was ist schlecht? Fakt ist, dass Führung, führen und geführt werden, sich selbst ermächtigen und andere bewusst ermächtigen, ein nicht enden wollender Prozess ist und vor allem ist es eine Interaktion zwischen Führungskraft und Team. Deshalb ist man gut beraten, sich diesbezüglich immer wieder selbst zu reflektieren, wozu ich euch hiermit einladen möchte.

Eure Constance

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Follow the Leader!

Oder sollte es doch lieber der Leader sein, der dem Team folgt?

Aller Anfang ist schwer? - Wirklich schwer ist es, rechtzeitig aufzuhören!

Onboarding die Sechste

Meine Reise in die Welt von Finance und IT geht weiter und weiter und ja, aller Anfang ist schwer, definitiv! Aber wisst ihr was ich letzte Woche beobachtet habe? Neben dem Fakt, dass (Neu-) Anfänge immer schwer sind, habe ich festgestellt, dass es gefühlt noch viel schwerer ist, mit Altbekannten aufzuhören, den Absprungs zu finden und das Alte loszulassen. Das habe ich in der letzten Woche nicht nur an mir selbst beobachtet, sondern auch an meinen Kollegen, den neuen wie den alten, im Freundeskreis, den Nachrichten, einfach überall. Offensichtlich klammert sich der Mensch recht gerne an Altbekanntem fest. Der Spatz in der Hand ist natürlich besser als die Taube auf dem Dach und was man hat, hat man eben! Derartige Sprüche sind so alt wie die Menschheit und das damit zusammenhängende Verhalten ebenso.

Ihr kennt sicher Goethes Faust. Mein absolutes Lieblingsdrama. Ein unfassbares Meisterwerk, dass den Menschen so vortrefflich beschreibt und einige Zitate daraus sind für die Ewigkeit. Ihr kennt das mit den zwei Seelen, die ach! in meiner Brust wohnen. Wir alle wissen, dass die eine sich von der anderen trennen will. “Die eine hält in derber Liebeslust sich an die Welt mit klammernden Organen; Die andre hebt gewaltsam sich von Dust zu den Gefilden hoher Ahnen.” So weit so gut! Wirklich spannend (und weitaus weniger bekannt) ist wie es jetzt weitergeht:

O gibt es Geister in der Luft, die zwischen Erd und Himmel herrschend weben, so steiget nieder aus dem goldnen Duft und führt mich weg zu neuem bunten Leben.

So sprach es Faust und lässt damit tief blicken: da ist jemand, der unzufrieden mit dem ist, was er tut, aber anstatt aktiv zu werden, seinen Hintern hochzubekommen und sein Leben substanziell zu ändern, wartet der feine Herr auf Geister, das Schicksal, den Zufall, ein Silbertablett oder den roten Teppich. Nur um nicht aus eigenem Antrieb sein altes Leben hinter sich lassen zu müssen, verkauft der gute Faust seine Seele lieber an Mephisto, den Teufel. Wie das ausgegangen ist, hat sich rumgesprochen. -Und alles nur, weil der kluge Dr. Faust unbedingt jemanden brauchte, der ihm das Händchen hält und für ihn mit dem alten Leben Schluss macht. Auch dem armen Gretchen wäre so einiges erspart geblieben…

Sicherheitsbedürfnis und Veränderungslust

Seit dem Erscheinen von Goethes Faust im Jahr 1808 ist schon eine Menge Wasser den Rhein runtergeflossen und man könnte meinen, die Evolution hätte die ein oder andere Möglichkeit gehabt, den Menschen weiterzuentwickeln. Leider scheint dem mit Nichten so. Wir Menschen stellen unser Sicherheitsbedürfnis noch immer über alles und raus aus der Komfortzone erscheint geradezu verrückt. Manchmal sind wir Menschen sogar lieber unglücklich, als dass wir uns trauen, unser gewohntes Terrain zu verlassen. Klar, damals in der Höhle, da gab es sicher einige ganz besonders mutige und abenteuerlustige Urmenschen, die mit dem Mut-Gen ausgestattet neugierig von den bekannten Pfaden abgewichen sind. Leider wurden die wahrscheinlich alle von Säbelzahntigern gefressen oder haben sich verlaufen und konnten ihre Gene nicht mehr weitergeben. Übrig geblieben sind ausgesprochen vorsichtige und konservative Urmenschen, deren Verhaltensweisen in dieser alten, gefährlichen und wenig komplexen Welt ausgesprochen erfolgreich war. Säbelzahntiger gibt es aber nicht mehr, Verlaufen ist dank Navi und Handy auch kein Thema mehr und auch mit “fremden” Stämmen schlagen wir uns nicht mehr ständig gegenseitig die Köpfe ein (wobei, hier scheinen gewisse Entwicklungen gerade wieder rückläufig). Das sind die guten Nachrichten. Irgendwie scheint die Welt deutlich sicherer als damals in der Steinzeit. Unsere moderne Welt ist aber auch deutlich komplexer und dynamischer geworden und stellt uns Menschen vor ganz neue Herausforderungen. Denn was früher Lebensgefahr bedeutete, ist heutzutage eine wichtige Voraussetzung für Erfolg und Zufriedenheit. Und so stehen wir da, wie seinerzeit der gute alte Dr. Faust, mit zwei Seelen, die in unserer Brust wohnen. Die eine klammert sich in tiefstem Sicherheitsbewusstsein an Altbekanntem fest, denn der Spatz in der Hand… - Ihr wisst Bescheid! Zum Glück ist da ja noch diese andere Seele, die neugierige, die begriffen hat, dass sich unsere Welt inzwischen so schnell dreht, dass der Spatz in der Hand auch ganz schnell an Wertigkeit verlieren kann. Klar kann man das jetzt so machen wie Faust und warten, bis jemand kommt, der diese Seele an die Hand nimmt und ihr raus hilft aus der alten, bekannten Routine, um ihr die Möglichkeit zu geben, sich weiterzuentwickeln. Aber was ist, wenn dieser Jemand nie kommt, oder wenn es der Teufel ist?

Auf der Suche nach den eigenen Ressourcen

Wenn wir nun also entscheiden, nicht auf den Teufel zu bauen, braucht unsere ängstliche, neugierige Seele eine andere Hand, die ihr die Sicherheit gibt, die sie braucht, um ihre Komfortzone zu verlassen und sich auf neue Wege zu begeben. In der letzten Woche hatte ich gleich mehrere Gespräche über Ressourcen, die wir alle in uns tragen und die es sind, die uns erfolgreich machen, wenn, ja wenn wir uns erstmal darüber bewusst sind, dass wir sie haben. Als ich im letzten Herbst angefangen habe darüber nachzudenken mit der Fliegerei aufzuhören, war eine sehr präsente Frage die, ob ich den neuen Aufgaben denn überhaupt gewachsen sei und ich habe mich vielleicht zum allerersten Mal in meinem Leben wirklich damit beschäftigt, was ich alles kann, worin ich gut oder sogar sehr gut bin, sprich auf welche Ressourcen ich mich verlassen kann, wenn ich meine sichere Komfortzone verlasse um mich auf bislang unbekannte Wege zu begeben. Das war mein Mephisto, der mich an die Hand genommen hat, mir Sicherheit und Vertrauen gegeben hat, ganz ohne, dass ich dafür meine Seele verkaufen musste.

Und wenn ein ganzes Unternehmen entscheidet aufzuhören um neu anzufangen?

Wisst ihr, was wirklich verrückt ist? Mein neuer Arbeitgeber ist im Prinzip in der gleichen Situation, wie ich es bin. Mit der agilen Transformation hat man dort auch entschieden, die bekannten Pfade zu verlassen. Man hat den Spatz in der Hand losgelassen, weil man sich bewusst darüber war, dass die Welt sich immer schneller dreht und man verstanden hat, dass Spatzen in absehbarer Zukunft einfach nicht mehr ausreichend sind. Diese Entscheidung war sicher nicht einfach, aber man hat es geschafft, rechtzeitig mit dem Alten aufzuhören, um in der Weiterentwicklung und somit eben auch auf Erfolgskurs zu bleiben.

Im Rahmen solcher agilen Transformationen stellt sich natürlich auch die Frage nach den Ressourcen. Die Antwort darauf ist recht einfach! Ich zitiere mich hier mal selbst: der Mensch ist und bleibt der Schlüssel zum Erfolg komplexer Systeme. So wie ich mir gerade täglich Gedanken darüber mache, ob und wie ich meine Ressourcen bestmöglich nutzen kann, sind (agile) Unternehmen gut beraten, alles nur Mögliche zu tun, ihren Mitarbeitern Strukturen und eine Unternehmenskultur zu bieten, die es jedem einzelnen ermöglichen, ihr oder sein gesamtes Potenzial abzurufen. Hierbei braucht es auch Vertrauen und Sicherheit auf allen Seiten: Manager werden plötzlich zu Servant Leader, die ihren Mitarbeitern ganz viel Autonomie und Freiraum geben sollen, was vor allem bedeutet, ihnen zu vertrauen. Und die Mitarbeiter brauchen ihrerseits großes Vertrauen, um diesen Freiraum zu nutzen, um kreativ zu sein, neue Wege zu gehen. Denn an dieser Stelle könnte ich nochmals aus Goethes Faust zitieren: “Es irrt der Mensch so lang er strebt.” Wer Menschen Raum gibt, Neues auszuprobieren, der muss auch damit rechnen, dass nicht alles zu einem großen Erfolg wird. Legt der Mensch erstmal los, sind Fehler schlicht und ergreifend systemimmanent, unvermeidbarer Teil eines für agile Unternehmen erforderlichen Lernprozesses, den die Harvard-Professorin Amy Edmondson als Lernende Organisation beschreibt. Als Mitarbeiter brauche ich die Sicherheit, auch Fehler machen zu dürfen, um daraus zu lernen, weil sie unvermeidbar sind, wenn ich die altbekannten Flugrouten der Spatzen in unseren Händen verlasse.

Der Aufbau dieses Vertrauens, sowohl innerhalb eines Unternehmens, als auch zu sich selbst, ist ein Prozess, der Zeit braucht und ist abhängig von den Erfahrungen, die man macht und natürlich ist und bleibt jeder einzelne Schritt, auch in einem agilen Unternehmen, eine Risikoabwägung. Wie agil wollen wir sein und wie agil müssen wir sein? Ja, mehr Agilität kann zunächst auch eine höhere Fehleranfälligkeit bedeuten. Die Anzahl dieser Fehler können nur durch High Performance Teams minimiert werden und für High Performance braucht es Vertrauen. Ich als Agile Coach sehe es als meine Aufgabe, dabei zu helfen, dieses Vertrauen und die damit zusammenhängende Offenheit nach Kräften zu fördern und zu unterstützen um aus der Sicherheit dieses Vertrauens Schritt für Schritt immer autonomer und agiler werden zu können. Dazu muss man eben auch Risiken eingehen. Ein sehr kluger Mann hat mal gesagt, dass der sicherste Ort für Schiffe der Hafen sei! Aber dafür sind Schiffe nun mal nicht gemacht. Oder um es in meiner “alten” Sprache zu sagen: die sicherste Airline ist die, die nicht fliegt. Tja, um nicht nur total sicher, sondern auch (wirtschaftlich) erfolgreich zu sein, muss man etwas riskieren! - Jeder einzelne von uns ebenso wie jede Organisation!

Offen für Neues

Das ist eine wirklich spannende Reise, auf der ich mich gerade befinde. Alles scheint sich langsam aber sicher ganz natürlich zu fügen. So gesehen ist der Anfang gar nicht so schwer, stressig ja, schwer nein! Was wirklich schwer war, war das Alte, Sichere, Liebgewonnene loszulassen, obwohl einem Teil von mir schon lange klar war, dass er sich unbedingt weiterentwickeln möchte, raus aus der Komfortzone, die für mich ehrlichgesagt nämlich nicht nur Sicherheit, sondern auch Langeweile bedeutet hat. Aber auch das muss man erstmal für sich erkennen. Nur für den Fall, dass es euch ähnlich geht, schaut doch auch mal, ob das Vertrauen in euch selbst, in eure Ressourcen und Fähigkeiten, euch vielleicht auch die Sicherheit geben kann, um aus der Komfortzone zu treten und offen für all das Neue zu sein, dass auf euch zukommt.

Eure Constance

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Wer neue Wege gehen will muss die alten erstmal verlassen

… und nur dann geht’s auch hoch hinaus!

Duo Infernale: Resilienz und Agilität - Weil VUCA jetzt BANI ist! Hää?

Onboarding die Vierte

Bevor ich in mein eigentliches Thema eintauche, gebe ich all jenen unter euch, die meine Onboarding-Berichte treu mitverfolgen, ein ganz kurzes Update von Woche vier. Es ist tatsächlich kurz, weil diese Woche recht unspektakulär verlief, da ich langsam aber sich etwas mehr zur Ruhe komme, anfange anzukommen und meinen Platz in den Strukturen der Bank zu finden. Das fühlt sich wirklich gut an und gibt mir die Sicherheit, die ich gebraucht habe, um den Wunsch zu verspüren, jetzt wirklich ins Tun zu kommen. Was natürlich nicht heißen soll, dass es ab jetzt langweilig wird. Ich glaube es geht jetzt gerade erst so richtig los und ich bin mir sicher, dass ich auch in den nächsten Wochen immer mal wieder spannende und lustige Anekdoten parat haben werde. Diese Woche werde ich meinen Blog jedoch dazu nutzen, um mit euch mal wieder in den Wahnsinn der New Work Welt einzusteigen.

Die spinnen, die Zukunftsforscher

Auf meiner bisherigen Reise durch die New Work ist mir aufgefallen, dass Slang-Dropping und nicht enden wollende Akronyme eine ganz besondere Rolle zu spielen scheinen. Durch diesen Dschungel aus Schlagworten und Abkürzungen schlage ich mich nun schon seit fast zwei Jahren, stelle immer wieder fest, dass man alles lernen kann und manchmal, dass sich hinter besonders hippen Schlagwörtern ganz Banales und Altbekanntes versteckt. Aber sei’s drum, so sind wohl die Regeln des Spiels. Nur manchmal, ganz manchmal, frage ich mich wirklich ob das alles so denn wirklich sein muss. In einem komplexen und dynamischen Umfeld sollte man den Menschen vor allem Sicherheit geben und sie nicht noch zusätzlich verwirren. Ich erzähle euch mal von meiner letzten Verwirrung, die gerade mal einige Tage alt ist: ich denke wir haben uns inzwischen alle daran gewöhnt, dass man unser komplexes Umfeld als VUCA bezeichnet.

  • V -Volantile (unbeständig)

  • U - Uncertain (unsicher)

  • C - Complex (komplex)

  • A - Ambiguous (mehrdeutig)

Das könnte man jetzt so stehen lassen, oder man denkt sich einfach ein ganz neues Akronym aus, weil die Welt sich eben verändert und man deshalb ganz schnell ein neues Akronym braucht, das die Welt, die heute ja ganz anders ist als gestern, voll umfänglich beschreibt… Und außerdem lässt sich damit gerade so gut Geld verdienen! VUCA ist out! Wir sind jetzt alle BANI!

  • B - Brittle (brüchig)

  • A - Anxious (ängstlich)

  • N - Non-linear (nicht-linear)

  • I - Incomprehensible (unbegreiflich)

Was mir unbegreiflich ist, ist wo hier nun der ganz große Unterschied liegt! Ja klar, es ist ein bisschen anders, vielleicht extremer. Aber mal ehrlich Leute… was um alles in der Welt soll das denn nun wieder, außer dass es mich verwirrt und dazu bringt, mir schon wieder Bücher zu kaufen, um up-to-date zu bleiben? Ich war wirklich etwas verschnupft, als ich letzte Woche zum ersten Mal über BANI gelesen habe. Vielleicht war ich ja auch einfach nur neidisch auf die coole Idee des Autors und Futuristen Jamais Cascio, dass er die Dinge noch etwas komplizierter gemacht und in ein neues Kleidchen gehüllt hat. Ich versuche alles immer nach bestem Wissen und Gewissen zu vereinfachen. Wie doof! So wird man nicht zum Futuristen! Und dann hat der Zukunftsforscher Stephan Grabmeier das Ganze auch noch vor mir entdeckt und damit begonnen, es in Deutschland zu vermarkten. So werde ich wohl nie reich und berühmt…

Egal wie es heißt, der Mensch muss damit klarkommen

Für mich als Mensch spielt die Bezeichnung meiner Welt ehrlich gesagt keine allzu große Rolle. Für mich ist wichtig, wie es sich anfühlt und wie ich mich bestmöglich zurechtfinde. In diesem Zusammenhang gebe ich beiden Akronymen recht: unser Leben im Allgemeinen und die Business-Welt im Speziellen sind dynamisch, instabil und komplex und das verunsichert mich. Während das uns Menschen inne liegende Kontrolldenken in einer stabilen und überschaubaren Welt die Sicherheit gegeben hat, die wir brauchen, um gut schlafen zu können, scheitert jeder Kontrollversuch in einer Welt die immer komplexer und dynamischer wird. Es bedarf einer Alternative, die den Menschen die Sicherheit gibt, um Höchstleistungen zu vollbringen. Hier steigt in der Unternehmens- und Arbeitswelt das ein, was inzwischen als Agilität bezeichnet wird. Agile Methoden wie Scrum, Kanban, Lean oder auch diese OKRs, die ich in der letzten Woche im Groben vorgestellt habe, geben den Menschen so viel Struktur und Sicherheit, wie möglich, um in einer komplexen Welt den Fokus nicht zu verlieren. Wesentlich hierbei ist in der agilen Welt die Kundenzufriedenheit. Denn ist der Kunde zufrieden, ist das Unternehmen erfolgreich.

Eine der Grundideen von Agilität ist, dass man sich bewusst darüber ist, keine Kontrolle im klassischen Sinne mehr zu haben. Dieser bewusste Verzicht auf Kontrolle in der wilden Welt des VUCA (oder von mir aus auch BANI) erfordert starke Nerven und starke Persönlichkeiten. Aus der Gelassenheit, die es bedarf, sich der VUCA-Welt auszusetzen, spricht ein hohes Maß an Selbstsicherheit und Selbstvertrauen, vor allem aber das Vertrauen in die eigene Fähigkeit auch in schwierigen und unerwarteten Situationen richtige Entscheidungen zu treffen und dadurch handlungsfähig zu blieben. Alles das finden wir bei resilienten Menschen. Wer mehr darüber wissen möchte, was Resilienz eigentlich ist, findet hier den Link zu einem Artikel, der Resilienz intensiver erklärt und sie nicht nur in Verbindung mit Agilität setzt, sondern auch darstellt, warum resiliente Piloten exzellente Lebensretter sind, wenn es drauf ankommt. Vielleicht ist das ja auch spannend für euch!

Stressig ist es trotzdem

Seit die Agilitäts-Welle einmal um die Welt schwappt, scheinen gleichzeitig Resilienz-Trainings immer mehr zur Modeerscheinung zu werden. Die Versprechungen, die man in diesem Zusammenhang zuweilen zu lesen bekommt, scheinen paradiesisch. Manchmal juckt es mir in den Fingern, einen Kommentar dazu zu verfassen. Denn offensichtlich gibt es im Zusammenhang mit Resilienz ein ganz großes Missverständnis: Resilienz verringert Stress NICHT, noch nicht einmal ein kleines bisschen! Sorry. Resilienz ist die Widerstandskraft gegen Überforderung. Stress wird dadurch nicht eliminiert. In unserer modernen Arbeitswelt sorgt Resilienz dafür, dass man die Belastung, hervorgerufen durch die Angst vor Kontrollverlust in deinem dynamischen und komplexen Umfeld, bestmöglich übersteht. Dieser Resilienz spring nun das Konzept des agilen Denkens zur Seite, das eine Alternative zu dem uns Mensch nur allzu bekannten Kontrolldenken bietet. Wenn es dem Menschen gelingt, Entscheidungen nicht mehr aus bekannten Informationen ableiten zu wollen, sondern im Rahmen des Entscheidungsfindungsprozesses auch situative Begebenheiten und die eigenen Ressourcen und Fähigkeiten zu berücksichtigen, wird die Überforderung durch Dynamik, Komplexität, VUCA und BANI deutlich verringert, oder sogar vermieden. So stärken Resilienz und Agilität gemeinsam das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten und fördern so die Gelassenheit, die agile Denker benötigen, um auch in den turbulentesten Situationen nicht den Fokus und den Blick für das Wesentliche zu verlieren. -Und das obwohl sie dabei unter Umständen verdammt viel Stress empfinden.

Und jetzt…???

Jetzt frage ich mich, wo ich vielleicht noch mehr Kontrolle bewusst abgeben kann, um mich im festen Vertrauen auf meine Ressourcen und Fähigkeiten in dieser komplexen neuen Welt der Bank sicher von Tag zu Tag zu hangeln. Denn eine Sache, die mir in meine ersten beiden Onboarding-Wochen das Leben wirklich schwer gemacht hat, war dass ich aus lauter Unsicherheit versucht habe, Dinge zu kontrollieren, die sich nicht kontrollieren lassen. Wie un-resilient! Dabei hatte ich doch bei meinem Resilienz-Test damals Bestwerte! Tja, manchmal will gut Ding einfach Weile haben. Ich bin mir sicher, dass auch du an der ein oder anderen Stelle im Vertrauen auf dich selbst ein bisschen dieser vermeintlichen und wahnsinnig anstrengenden Kontrolle abgeben kannst. Tut echt nicht weh! Seitdem habe ich sogar Zeit für eine richtige Mittagspause…

Für heute soll es das gewesen sein. Ich bin mir sicher, nächste Woche gibt es sicher wieder mehr Neuigkeiten von der Onboarding-Front. Wie lang dauert so ein Onboarding denn eigentlich? Was sagt ihr?

Eure Constance

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VUCA hin BANI her…

Ob resilient oder agil, manchmal ist man einfach reif für die Insel